Sonntag, 10. Mai 2020

#EiNaB 39: Werte wandeln



In den nächsten zwei Monaten ist Christiane vom Blog „Christianes LandKultur“ Gastgeberin bei unserer Linkparade „einfach. nachhaltig. besser. leben“. In ihrem Beitrag geht es um unsere Werte und warum sie als Grundpfeiler unserer Kultur so bedeutend sind.

Ich gebe zu, in diesen ver-rückten Zeiten, in dem ein Virus, ob nun natürlich oder künstlich entstanden, die Welt in Atem hält, habe ich mich schwer getan, ein klares Thema für die aktuelle Blog-Parade zu finden.

Das Thema "Werte" und "Wertewandel" ist durch zwei Erlebnisse in meinen Fokus gerückt. Zum einen bin ich vorige Woche zufällig auf einen Dokumentarfilm der US-amerikanischen Fotoreporterin Lauren Greenfield gestoßen, der mir viele Fragen beantwortet hat, die mich beschäftigt haben. Zum anderen arbeite ich mich seit einigen Monaten durch Unterlagen von mir aus den 80er und 90er Jahren. Es sind Zeitschriftenartikel, Schulhefte, Projektarbeiten aus der DDR und dem wiedervereinigten Deutschland.

No Planet B: Andere Zeiten, aber dieselben Sorgen. Das Plakat stammt aus dem Jahr 1983, als während des Kalten Krieges Mittelstreckenraketen in Europa stationiert wurden.

Dabei ist mir aufgefallen, dass sich meine eigenen Themen und Interessen kaum verändert haben. Ich habe mich schon als Kind für Heimatkunde begeistert, war in der AG "Junge Naturforscher" und "Junge Historiker", habe ein naturwissenschaftliches Studium gewählt und arbeite im Bereich Umweltpädagogik. Mir selbst Wissen über Pflanzen und natürliche Zusammenhänge anzueignen und dieses verständlich an Kinder und Erwachsene weiterzuvermitteln, macht mir viel Freude. Die Dinge, denen ich also "Bedeutung gebe", wie das "Wörterbuch der deutschen Sprache" den Begriff "Wert" erklärt, sind Natur und Beziehungen.

Aber ich weiß auch, wie schwer es einem in dieser Gesellschaft gemacht wird, wenn man diesen Dingen Bedeutung gibt. Schon der Naturpoet Henry David Thoreau hat sich vor 150 Jahren darüber beschwert: "Wenn ein Mensch einmal einen halben Tag lang in den Wäldern spazieren geht, weil er sie liebt, dann besteht die Gefahr, dass er als Tagedieb angesehen wird; wenn er dagegen den ganzen Tag als Unternehmer zubringt und diese Wälder abhakt und die Erde vorzeitig kahl werden lässt, so wird er als fleißiger und unternehmenslustiger Bürger betrachtet."

2014 habe ich für den Naturpark Thüringer Schiefergebirge ein touristisches Konzept erarbeitet, bei dem ich auf die besonderen natürlichen Stärken dieser Nationalen Naturlandschaft zur Erholung aufbauen wollte. Aus der regionalen Politik und Wirtschaft kam aber zurück: "sanfter Tourismus würde sie an den 'Ruhe sanft'-Spruch auf dem Grabstein erinnern."

Aber warum glauben wir, dass im Einklang mit der Natur zu handeln, bedeutet, "dass wir zurück sollen in eine eiskalte Höhle und uns von gammeligen Kartoffeln ernähren"? (Bob Hoskins, Gründer der "Transition-Town"-Bewegung.

An diesem Punkt hat mir Lauren Greenfields Dokumentation "Generation Wealth" weitergeholfen. Die Harvard-Absolventin dokumentiert seit über 20 Jahren, wie und warum die Besessenheit des amerikanischen Traums von Wohlstand und Status so extrem gewachsen ist. Ein Virus, der sich, wie sie sagt, mit der Globalisierung auf der Welt verbreitet hat.

Typisch DDR: Papier und Altglas wieder gesammelt und wiederverwertet.

Greenfields Interviewpartner sehen die Ursache dafür im Wertewandel, den die US-amerikanische Gesellschaft seit den 80er Jahren erlebt hat. Der ehemalige Hedgefondmanager Florian Hamm, der an der Harvard Business School studiert hat, erklärt, dass die US-Regierung unter Ronald Reagan den Schwerpunkt selbst auf Reichtum gelegt hat. "Sie gibt selbst weit mehr aus, als sie besitzt."

Für den Journalisten Chris Hedges wird so die "Illusion des amerikanischen Traums aufrecht erhalten". "Wir liehen Geld, um einen Lebensstil und ein Imperium aufrechtzuerhalten, dass wir uns nicht mehr leisten konnten."

Junge Menschen, wie Hamm, gingen ins Bankenwesen und wollten wie die fiktionale Figur Gordon Gecko aus dem Film "Wall Street" (1987) sein, der sagt: "Gier ist gut, Gier funktioniert." Heute hält Hamm das für einen "giftigen, schädlichen Traum [...] einen Sack voller vergammelter Waren, den wir der Welt verkaufen."

Chris Hedges wird da noch radikaler: "Wir sterben auf die gleiche Weise wie andere Imperien vor uns. Der Unterschied ist nur, wenn wir diesmal untergehen, geht der ganze Planet mit uns."

Upcycling Ende der 80er Jahre in der DDR.

Dieses Ende wünsche ich uns nicht und stimmt da eher Bob Hoskins zu: "Es kann phantastisch werden. Der Mensch ist so intelligent, so kreativ. Wir sind fähig, unglaubliche Dinge zu vollbringen ..."

Corona, kann so ein Impuls sein, um neue Werte-Standards zu etablieren, denn der Virus hat eine gesellschaftliche und wirtschaftliche Krise ohne gleichen ausgelöst. Aber, wie das so ist mit Krisen, gibt es immer zwei Möglichkeiten, mit ihnen umzugehen: zum Alten zurückkehren oder verändern.

Der Glücks-Forscher Mihaly Csikszentmihalyi schreibt in seinem Buch "Kreativität. Wie Sie das Unmögliche schaffen und Ihre Grenzen überwinden" (Stuttgart, 2010), dass es sehr viel Mühe und Anstrengung kostet, Traditionen zu verändern. Für eine kulturelle Evolution müssen kreative Menschen, die bestehende Information, wie eine Wertevorstellung, verändern. Dann müssen genug einflussreiche Personen diese Veränderung für eine Verbesserung halten, damit sie zum Teil der Kultur wird. Und zum Schluss müssen die Mitglieder der Gesellschaft dieses Wissen erwerben, um den Fortbestand der Information zu sichern.


Da "materielle Begierden keine natürlichen Grenzen kennen", wie der Berliner Produktdesigner Moritz Grund schreibt, wir aber keinen Planet B haben, brauchen wir mehr Menschen und Ideen, die es uns ermöglichen, eine naturnahe, verbundene Welt zu schaffen.



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